Sonntag, 26. November 2017

Rezension: "Alles was wir geben mussten" von Kazuo Ishiguro

Dies ist ein ganz besonderer Roman, mit einer sehr originellen Handlung bzw. Thematik, über welches ich bisher in keinem anderen Buch etwas gelesen habe. 

Kurz zum Inhalt:
In diesem Buch wird das Leben von Jugendlichen, in einem englischen Internat in Hailsham, beschrieben, der auf den ersten Blick ganz gewöhnlich zu sein scheint, jedoch handelt es sich bei diesen Jugendlichen um geklonte Menschen, die nur dafür gezüchtet wurden um den "echten" da draußen eines Tages ihre lebenswichtigen Organe zu spenden, wenn diese einmal schwer erkranken. 
Im Mittelpunkt des Ganzen stehen die drei Hauptprotagonisten Kathy, Ruth & Tommy, die mit ganz gewöhnlichen Teenager-Problemen beschäftigt sind, Freundschaften schließen, sich verlieben, trennen, streiten & beinahe zu spät begreifen, dass ihr Schicksal bereits vorbestimmt ist. 
Je mehr ich in diesem Buch gelesen habe, desto mehr ist mir die ganze Sache durch Mark & Bein gegangen. 
Das Besondere an der ganzen Thematik ist, dass die Klone, um die es sich hier handelt, diesmal nicht in einem sterilen Labor gezüchtet, sondern beinahe ziemlich human in einem Internat erzogen wurden, wo ein enormer Wert auf Bildung & persönliche Entfaltung gelegt wurde. 
Einerseits war diese gewöhnliche Umgebung sehr erfreulich, doch andererseits hat mich das, besonders zum Ende des Buches, immer mehr aufgeregt, weil mir dadurch erst der Wahnsinn so richtig bewusst wurde, der die Protagonisten nach ihrem Auszug aus dem Internat erwartete. 
Sobald sie erwachsen sind, werden sie zu Zwangsspendern, von denen die meisten bereits nach ihrer zweiten oder dritten Operation sterben. Auch wird Sterben hier dauernd durch das Wort "Abschließen" ersetzt, was das Ganze sehr verharmlost. Allgemein hat mich die Verharmlosung des ganzen Horrors so aufgeregt & zur Verzweiflung gebracht, dass ich teilweise wütend & traurig zugleich vor diesem Buch saß. 
Obwohl es mir bewusst war, dass es sich hier lediglich um menschliche Abbilder handelte & nicht um "echte" Menschen, hat mich die Kälte & Unmenschlichkeit, mit der sie behandelt wurden beinahe zur Weißglut gebracht. Denn wenn man die Hauptprotagonisten einmal kennen lernt, stellt man fest, dass diese all die Gefühle wie Schmerz, Eifersucht, Liebe, Trauer & Angst genauso empfinden können wie wir Menschen. Zum Ende des Romans wird sogar die individuelle Charakterbildung, mit den jeweils einzelnen Vorlieben & Interessen deutlich. Dennoch dienen sie für die Menschen nur als Ersatzteillager, die in ihren Augen keine bessere Behandlung verdienen, weswegen sie nach dem Internat, in spärlich eingerichteten & sehr kalten Behausungen untergebracht werden & von dort an auf ihren tödlichen Einsatz warten. 
Gleichzeitig wirkte die Geschichte auf mich sehr realistisch, weil hier schlicht & einfach die Gefühle & die zwischenmenschlichen Beziehungen der Figuren im Vordergrund stehen. 
Ähnlich wie es bei "Tribute von Panem" oder anderen Romanen, in denen Ungerechtigkeit eine große Rolle spielt, habe ich auch hier bis zum Ende hin eine Art Revolution gegen die vorherrschenden Bedingungen erwartet, die jedoch nie kam. 
Um das Ende nicht ganz vorwegzunehmen, würde ich jedem empfehlen, der sich für das Thema "Personale Identität" & besonders das Klonen von Menschen interessiert, diesen Roman zu lesen. Man erlebt ein völliges Gefühlschaos & zweifelt teilweise sogar an der eigenen Spezies. 

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